Neue Medien und (Allgemein-)Bildung - dargestellt
am Beispiel des Mathematikunterrichts
Horst Hischer
Didaktik der Mathematik
Universität Saarbrücken
horst@hischer.de
Seit einigen Jahren gibt es (erneut seit
den 1980ern!) bildungspolitische Aktivitäten, die Schulen "modern"
mit sog. "Neuen Medien“ auszustatten, um damit allen Schülerinnen
und Schülern den Umgang mit dem Computer und (das ist tatsächlich
neu:) dem Internet zu ermöglichen und um multimedial gestütztes
Lehren und Lernen voranzutreiben. Und solche Aktionen beschränken
sich dann nicht etwa nur auf bestimmte Unterrichtsfächer, sondern
sie beziehen sich auf die Schule insgesamt. Dabei besteht in der kritischen
und engagierten Öffentlichkeit aus Politik, Presse, Elternhaus, Schule
und Wissenschaft - auch aus der Erziehungswissenschaft - keineswegs Einmütigkeit
über die Bildungsbedeutsamkeit solcher Maßnahmen, die uns überdies
oft mit Schlagwörtern wie z. B. "Computerführerschein“, "Internetführerschein“
oder "Medienkompetenz“ begegnen - statt mit "schlagenden Argumenten“ !
- und dann oftmals auch noch in Verbindung mit "Schlüsselqualifikation“
(wo es dann eher um "Schlüsselprobleme“ gehen sollte). Und dabei werden
diese Attribuierungen teils lobend und befürwortend, teils abfällig
und kritisierend verwendet. Gemeinsam ist solchen recht unterschiedlichen
Standpunkten i.d.R., dass es dann (nur!) um das Für und Wider des
Einsatzes Neuer Medien in Lehr- und Lernprozessen geht. Aus medienpädagogischer
Sicht betrifft dies dann die sog. "Mediendidaktik“, wohingegen die nicht
minder wichtigen Bereiche "Medienkunde“ und "Medienerziehung“ in der Diskussion
eine (wenn überhaupt!) nur marginale Rolle spielen.
Im Kontrast zur gängigen Meinung
wird in diesem Beitrag der Standpunkt eingenommen, dass die Neuen Medien
nicht nur als methodisches Hilfsmittel in Lehr-Lern-Prozessen eine Rolle
spielen, sondern dass sie vor allem allgemeinbildungsrelevant sind: Hierin
zeigt sich eine wichtige Bildungsaufgabe für die Schule insgesamt,
und zwar im Rahmen einer Integrativen Medienpädagogik, bei der im
Prinzip alle Unterrichtsfächer (fach-)spezifische Beiträge zum
Verständnis der gesellschaftlich bedeutsamen Neuen Medien leisten
können - spezifisch sowohl bezüglich der Verwendung als Unterrichtsmittel
(und zwar auch im Rahmen multimedial gestützter Lehr- und Lernprozesse)
als auch bezüglich der analysierenden und reflektierenden Betrachtung
der Neuen Medien im jeweiligen Fachunterricht - in deren Auftreten und
Bedeutung außerhalb der Schule! Dieses Anliegen wird exemplarisch
für den Mathematikunterricht erläutert, und zwar am Beispiel
des Funktionsbegriffs, denn beim Einsatz von Funktionenplottern kann der
"Computer als Täuscher“ erscheinen. Das hierfür verantwortliche
"Aliasing“ lässt sich im Mathematikunterricht entzaubern, womit sowohl
ein Beitrag zur Medienkunde als auch zur Medienerziehung geleistet wird
- denn: Bildung ist das Paradies (Walther Ch. Zimmerli)! |